(17.04.2014)

Mit nahezu viermonatiger Verspätung hat die EU-Kommission nunmehr am 14. April 2014 ihren Bericht über den Stand des Güterverkehrsmarktes in der Europäischen Gemeinschaft (EG) vorgelegt, dessen Veröffentlichung gemäß Artikel 17 Absatz 3 der Marktzugangsverordnung VO (EG) Nr. 1072/2009 eigentlich bis Ende 2013 erfolgen sollte.

Ziel des Berichts sollte sein, anhand einer Analyse der Marktlage, einschließlich einer Bewertung der Wirksamkeit der Kontrollen und der Entwicklung der Beschäftigungsbedingungen in der Branche festzustellen, ob die Harmonisierung der Vorschriften unter anderem in den Bereichen Durchsetzung, Straßenbenutzungsgebühren sowie soziale und sicherheitstechnische Rechtsvorschriften soweit fortgeschritten ist, dass die weitere Öffnung der inländischen Straßenverkehrsmärkte, einschließlich der Kabotage, in Betracht gezogen werden könnte. Der Bericht basiert auf den Ergebnissen verschiedener Studien, stützt sich auf den Bericht der „High Level Group" zur Entwicklung des Straßengüterverkehrsmarktes in der Europäischen Union (EU) und verwendet die vom Amt für Statistik der Europäischen Union (Eurostat) erhobenen Statistiken zum Straßengüterverkehr bis zum Jahr 2012.

Die Entwicklung des Straßengüterverkehrsmarktes
Der Straßengüterverkehr ist der wichtigste Verkehrsträger in der EU, auf den über 70 Prozent aller Inlandstransporte entfallen, mit einem jährlichen Umsatz von 300 Milliarden Euro, etwa zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU.

Im Jahr 2012 betrug die Verkehrsleistung in den 27 EU-Staaten rund 1,7 Billionen Tonnenkilometer, gut vier Prozent weniger als im Jahr 2004 und knapp 13 Prozent weniger als im Spitzenjahr 2007. Zwei Drittel aller Transporte wurden dabei durch in den jeweiligen Ländern beheimatete Fahrzeuge durchgeführt. Der Anteil internationaler Beförderungen stieg im Zeitraum 2004 bis 2012 von 30 auf 33 Prozent. Vier Fünftel aller internationalen Beförderungen wurden dabei von Fahrzeugen durchgeführt, die in einem Mitgliedstaat des Beladeortes oder des Entladeortes registriert waren. Lediglich ein Fünftel aller Beförderungen wurde von Fahrzeugen durchgeführt, die in einem Drittstaat zugelassen waren. Diese Verkehre von Fahrzeugen aus Drittstaaten (Dreiländerverkehre) nahmen in den vergangenen zehn Jahren mit mehr als 80 Prozent von vier auf sieben Prozent am stärksten zu.

Hingegen wuchsen die Kabotagebeförderungen im gleichen Zeitraum um 50 Prozent, jedoch auf einem sehr niedrigen Niveau. Nach Angaben von Eurostat führten ausländische Fahrzeuge durchschnittlich 2,5 Prozent des gesamten nationalen Güterverkehrsaufkommens im gewerblichen Straßengüterverkehr in den 27 EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2012 durch, während nationale Fahrzeuge 97,5 Prozent des Aufkommens beförderten. Mit 51 Prozent aller Kabotagebeförde-rungen entfiel die Mehrheit auf Fahrzeuge aus den EU-15-Staaten (Staaten, die vor dem 01. Mai 2004 der EU angehörten). Die wichtigsten Kabotagemärkte sind die zentral gelegenen großen Transportmärkte Deutschland (39 Prozent) und Frankreich (29 Prozent) – siehe die nachfolgenden Abbildungen. Fahrzeuge aus den EU-12-Staaten (Mitgliedstaaten, die in 2004 und 2007 der EU beigetreten sind) führen relativ mehr internationale Transporte durch als auf ihren Heimatmärkten.

Abbildungen 3 und 4: Kabotage in der EU im Jahr 2012 nach Herkunft des Fahrzeugs (links) und nach Aufnahmestaat (rechts). Quelle: Eurostat, GD MOVE.Abbildungen 3 und 4: Kabotage in der EU im Jahr 2012 nach Herkunft des Fahrzeugs
(links) und nach Aufnahmestaat (rechts). Quelle: Eurostat, GD MOVE.

Unternehmensstrukturen und Beschäftigung
Der Straßengüterverkehrsmarkt in der EU setzt sich aus rund 600.000, vornehmlich kleinen Unternehmen, mit einer durchschnittlichen Beschäftigtenzahl von vier Mitarbeitern pro Unternehmen zusammen. 80 Prozent der Unternehmen des Straßengüterverkehrs haben weniger als zehn Beschäftigte, während 99 Prozent weniger als 50 Beschäftigte haben. Rund drei Millionen Beschäftigte waren im Jahr 2011 im gewerblichen Straßengüterverkehr beschäftigt. Spediteure und Integrators spielen eine zunehmende Rolle in der Organisation dieser Verkehre.

Aus dem Bericht geht des Weiteren hervor, dass die Beschäftigung im Straßengüterverkehrssektor von 2005 bis 2011, von kleineren Einbrüchen in den Jahren 2009 und 2010 abgesehen, angestiegen ist. Arbeitsplatzverluste in einzelnen Mitgliedstaaten werden auf die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise zurückgeführt, in Verbindung mit dem hohen Durchschnittsalter der Fahrer. Für Aussagen, dass von Unternehmen aus Niedriglohnländern durchgeführte Kabotagefahrten Arbeitsplätze in anderen Mitgliedstaaten kosteten, gibt es laut EU-Kommission keine statistischen Belege. Sie schlussfolgert daraus, dass Kabotage keinen nennenswerten Einfluss auf die Arbeitsplätze von Lkw-Fahrern hat.

Produktivitätsentwicklung
Der Straßengüterverkehr hat nach Aussage des Berichts unter allen Verkehrsarten die niedrigste Arbeitsproduktivitätsrate und ist der einzige Verkehrszweig, bei dem die Rate seit 2011 rückläufig ist. Würden jedoch die nationalen Güterverkehrsmärkte für den internationalen Wettbewerb geöffnet, wären nach Ansicht der Kommission höhere Produktivitätsraten zu erwarten, wie sie in anderen Branchen, die sich dem internationalen Wettbewerb geöffnet haben (internationale Transporte), zu erwarten.

Festgestellt wird in dem Bericht, dass Leerfahrten einen unvermeidbaren Teil des Straßengüterverkehrs darstellen. Auch wenn das Niveau der Leerfahrten in den letzten Jahren aufgrund langsam steigender Effizienz in der Transportorganisation abgenommen hat, entfielen im Jahre 2012 immer noch rund ein Viertel (23,2 Prozent) aller Fahrzeugkilometer von Lkw in der EU auf Leerfahrten. Belastbares, statistisches Material hierüber gibt es jedoch nicht. Nach Auffassung der Kommission ist es für normale Lkw im Gegensatz zu Kühl- oder Tankfahrzeugen nicht schwer, Rückladungen zu finden. Demnach ist der hohe Leerfahrtenanteil nicht auf mangelnde Ladung zurück zu führen, sondern auf Beschränkungen bei Kabotagebeförderungen, die es den Unternehmen unmöglich machen, ihre Transporte effizient durchzuführen. In diesem Zusammenhang wird auf verschiedene Marktsegmente verwiesen, in denen Wettbewerb herrscht (Dreiländerverkehre, bilaterale Verkehre) mit entsprechend weniger Leerfahrten. Der Wegfall von Kabotagebeschränkungen bei den EU-12-Staaten in den Jahren 2009 und 2012 habe zu einem deutlichen Rückgang ihres Anteils an Leerfahrten geführt. Daraus resultiert die Schlussfolgerung, dass die derzeit bestehenden Kabotagebeschränkungen die Transportunternehmer in ihrer Effizienz beschränken. Eine weitere Marktöffnung würde daher die Reduzierung der Leerfahrten bei nationalen Transporten erwarten lassen.

Kostenstrukturen im Straßengüterverkehr
Kostenstrukturen sind eines der Schlüsselfaktoren für die Wettbewerbsfähigkeit im Straßengüterverkehrssektor. Während manche Kostengrößen an den Mitgliedstaat gebunden sind, wie zum Beispiel die Kosten der Fahrzeugzulassung und des Fahrzeugunterhalts, Unternehmenssteuern, Kapitalkosten, hängen andere Kostengrößen vom Mitgliedstaat der Transportdurchführung ab (Straßenbenutzungsgebühren, Mineralölsteuern). Die beiden Hauptkostenfaktoren im Straßengüterverkehr, die Arbeits- und die Treibstoffkosten, haben dem Bericht zufolge ein vergleichbares Niveau innerhalb der EU erreicht. Während die Arbeitskosten in 2004 zehn bis 30 Prozent der Gesamtkosten in den EU-12-Staaten ausmachten, sind sie zwischenzeitlich auf 20 bis 40 Prozent der Gesamtkosten gestiegen. In absoluten Größen liegen sie zwar in den jüngeren Mitgliedstaaten unter den vergleichbaren Lohnkosten der EU-15-Staaten, sie gleichen sich aber stetig an. Bei den Treibstoffkosten liegt der Anteil an den Gesamtkosten zwischen 24 und 38 Prozent. Die Kommission räumt jedoch ein, dass die Unterschiede bei den Lohnkosten einen größeren Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit in der Branche aufgrund der mobilen und zeitlich begrenzten Tätigkeit haben als in anderen Wirtschaftsbereichen. Bestimmte Fälle der Ausflaggung von Unternehmen könnten daher durchaus als Zeichen eines bewussten Umgehens von Steuern und Abgaben verstanden werden. Als durchschnittliches Belastungsniveau von Steuern und Abgaben in der EU werden 0,18 Euro pro Fahrzeugkilometer genannt, wobei die Bandbreite von 0,11 Euro in Bulgarien, Lettland, Litauen, Rumänien und Luxemburg bis 0,34 Euro pro Fahrzeugkilometer in Deutschland reicht – eine Differenz von 0,23 Euro pro Fahrzeug-kilometer!

Die EU-Kommission gibt jedoch klar zu verstehen, dass es weder Ziel der EU-Politik sei, noch in die Zuständigkeit der EU fiele, bestehende Kostenstrukturen zu harmonisieren. Eine Marktöffnung könnte jedoch negative Begleiterscheinungen mit sich bringen, wenn der Wettbewerbsdruck zum Missbrauch von Sozialvorschriften führt und ein zunehmendes Risiko für die Verkehrssicherheit darstellt.

Marktzugangsbedingungen
Die Einführung geänderter Markt- und Berufszugangsbedingungen durch die Verordnungen (EG) Nr. 1071/2009 und Nr. 1072/2009 im Jahr 2009 haben nach Ansicht der Kommission zu einer weiteren Harmonisierung im Straßengüterverkehrsmarkt beigetragen. Es haben sich keine negativen Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit und die Einhaltung der Verkehrsvorschriften gezeigt. Als problematisch erweisen sich jedoch noch die Formen einer stabilen und dauerhaften Gründung von Unternehmen (zur Vermeidung von so genannten Briefkasten-Unternehmen) sowie die unterschiedliche Auslegung der Kabotagevorschriften in den Mitgliedstaaten, was zu zusätzlichen Kostenbelastungen geführt hat. Hier strebt die Kommission eine Überarbeitung der beiden Direktiven an.

Arbeitsbedingungen
Der Kommission sind die schwierigen Arbeitsbedingungen des Fahrpersonals durchaus bewusst. Sie sieht daher besonderen zukünftigen Handlungsbedarf in den nachfolgenden Bereichen:

  • Illegale/unfaire Beschäftigung, die zu Sozialdumping führt (einschließlich Briefkastenfirmen)
  • Mangelnde Durchsetzung von Vorschriften und Kontrollen
  • Unvollständige Harmonisierung der Sozialvorschriften
  • Illegale Kabotagebeförderungen
  • Qualität von Rastanlagen und Serviceeinrichtungen für Fahrer
  • Lenk- und Ruhezeiten

Der drohende Nachwuchsmangel im Fahrerbereich wird auf das zunehmende Durchschnittsalter von Lkw-Fahrern, die mangelnde Attraktivität des Berufs und die schwierigen Arbeitsbedingungen in diesem Sektor zurückgeführt. Hinzu kommen neue technologische Anforderungen und die inkonsequente Umsetzung der sozialrechtlichen Vorschriften in den Mitgliedstaaten. Hier sieht die Kommission zusätzlichen Handlungsbedarf bei der Aus- und Weiterbildung. Eine Aufhebung der bestehenden Beschränkungen könnte auch zu einem effizienteren Einsatz des Fuhrparks führen und damit auch Abhilfe beim Problem des Fahrermangels schaffen.

Schlussfolgerungen
Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass zwar einige Fortschritte erreicht wurden, die Wirtschaft Europas und die Umwelt aber davon profitieren würden, wenn auch die übrigen Beschränkungen wegfielen. Einer Studie des Europäischen Parlaments zufolge belaufen sich die Kosten der Kabotagebeschränkungen auf etwa 50 Millionen Euro jährlich(!). Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sind gefordert, die geltenden Rechtsvorschriften konsequenter durchzusetzen. Die sozialrechtlichen Vorschriften im Güterkraftverkehr müssen besser umgesetzt werden, um neue Fahrer zu gewinnen und zu qualifizieren. EU-Kommission und EU können dazu beitragen, die in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgelegten und angewandten Vorschriften klarer und präziser zu formulieren. Ein erster Schritt in diese Richtung stellt nach Auffassung der EU-Kommission die Überarbeitung der beiden Verordnungen (EG) Nr. 1071/2009 und Nr. 1072/2009 dar. Durch eine stärkere Öffnung der nationalen Verkehrsmärkte ließe sich dem Bericht zufolge die Zahl der Leerfahrten verringern und die Effizienz des Straßengüterverkehrs erhöhen.

Ausblick
Der Bericht wurde dem Europäischen Parlament und dem Rat zur weiteren Diskussion übermittelt. Die Europäische Kommission hat den Bericht ohne konkrete Gesetzesvorschläge verabschiedet. Der Bericht soll vielmehr der folgenden Kommission als Entscheidungsgrundlage für ein eventuelles legislatives Handeln dienen. Es wird erwartet, dass die neuen Mitglieder der Europäischen Kommission Ende 2014 ihre Arbeit aufnehmen werden.

Position des Bundesverbandes DSLV zum Bericht der EU-Kommission
Der DSLV teilt die Auffassung der EU-Kommission, dass es unterschiedliche und zum Teil unzureichende Auslegungen und Anwendungen der Vorschriften im Straßengüterverkehr in den Mitgliedstaaten gibt und daher hier ein großer Handlungsbedarf besteht. Die Überarbeitung der zugrunde liegenden Markt- und Berufszugangsverordnungen (EG) Nr. 1071/2009 und Nr. 1072/2009 erscheint daher gerechtfertigt. Nicht nachvollziehbar sind jedoch die Schlussfolgerungen, dass die notwendige Marktöffnung zu einer Reduzierung der Leerfahrten im nationalen Verkehr und zu einem effizienteren Einsatz des Fuhrparks führen und damit auch Abhilfe beim Problem des Fahrermangels schaffen soll. Gleichzeitig wird aber an anderer Stelle des Berichts ausgeführt, dass die Kabotage keinen nennenswerten Einfluss auf die Arbeitsplätze von Lkw-Fahrern hat. Aus Sicht des DSLV geht es zunächst darum, die derzeit geltenden Regelungen so zu gestalten, dass es zu einer einheitlichen Auslegung und Anwendung in allen Mitgliedstaaten kommt, um hierdurch die Effizienz und den Wettbewerb im Straßengüterverkehr zu stärken. Erst dann sollte eine weitere Liberalisierung der Kabotage ins Auge gefasst werden. Ein Beschluss über das weitere Vorgehen des DSLV wird auf der Sitzung des Fachausschuss Landverkehr am 14. Mai 2014 gefasst werden.

pdfBericht zum Straßengüterverkehrsmarkt

 

Quelle: DSLV

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