Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich: wollen Speditionsunternehmen Transporte in diese Länder organisieren, beginnt der Papierkrieg: Anmeldungen bei Online-Portalen, Entsendemeldungen, A1 Bescheinigungen, Vertreterregelungen, Gehaltsabrechnungen, Lohnzahlungsnachweise, Unterlagen über die Lohneinstufung, Arbeitszeitaufzeichnungen etc.. „Diese Regelungen untergraben den freien Warenverkehr innerhalb der Europäischen Union und errichten für die Speditions- und Logistikbranche massive Hürden“, bezieht Edina Brenner, Geschäftsführerin des LBS – Landesband Bayerischer Spediteure, Stellung.
Basis dieser nationalen Gesetzgebung ist das europäische Entsenderecht (Richtlinie 96/71/EG). Laut dieser Richtlinie sollen in den Mitgliedsstaaten keine Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum tätig sein, deren Arbeitsbedingungen nicht denen des Mitgliedsstaates entsprechen. „Das ist für Tätigkeiten an Arbeitsplätzen, die an bestimmte Orte gebunden sind, eine sinnvolle Regelung. Für unsere mobile Branche hingegen, die ihr Personal grenzüberschreitend teilweise nur für Stunden in ein Land mit anderen nationalen Regelungen entsendet, ein nicht nachvollziehbarer bürokratischer Aufwand“, äußert sich Brenner.
Nach Auffassung des LBS ist ein Verweis auf das geltende europäische Entsenderecht hingegen nicht uneingeschränkt zulässig, da strittig ist, ob die dort geregelten Bestimmungen auch auf ausschließlich mobile Tätigkeiten im Rahmen von Transportdienstleistungen anwendbar sind. Beispielsweise ist die Dauer des Aufenthalts in dem Mitgliedsstaat durch die Richtlinie nicht geregelt. „Wir greifen mit unserer Kritik nicht die Grundidee des Mindestlohns an, sondern die damit verbundenen erheblichen bürokratischen Meldepflichten. Auf der anderen Seite sollte ein Unterschied bestehen in der rechtlichen Behandlung von einheimischen Arbeitskräften mit stationären Arbeitsplätzen und ausländischen Arbeitnehmern im internationalen Straßengüterverkehr“, so Brenner.
Die Europäische Kommission plädiert selbst für sektorspezifische Rechtsvorschriften, um Sozial- und Arbeitsschutz an die Realitäten der Speditions- und Logistikbranche und ihre Erfordernisse anpassen zu können. Daher hat Brüssel bereits das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und Frankreich eingeleitet.
„Wichtig ist für uns die unverzügliche Vereinheitlichung der nationalen Meldeverfahren, verbunden mit dem höchstmöglichen Abbau an bürokratischen Hürden für die Unternehmen der Speditions- und Logistikbranche“, formuliert Brenner.
LBS Brennpunkt - LBS prangert einzelstaatlichen Formalismus im EU-Warenverkehr an.pdf