(14.01.2019)

Für einen kurzen Moment sah es im Herbst 2018 so aus, als habe das Thema „Brenner Basistunnel“ in Bayern neue Aktualität gewonnen – und die Arbeiten daran neuen Schub. Ein gutes Vierteljahr später liegen die Zulaufstrecken zum BBT auf dieser Seite der Grenze wieder im Winterschlaf, während in Tirol unter Hochdruck am Herzstück dieses transeuropäischen Infrastrukturprojekts gearbeitet wird.

Die Nachrichten lagen nur einen Tag auseinander. „Durchstich am Brennerbasistunnel-Südportal“ berichtete das Schweizer Fachmedium baublatt. „Aktuell wird der BTT an vier Stellen vorangetrieben. Jeweils zwei Baustellen befinden sich auf österreichischem und italienischem Staatsgebiet“, hieß es dort am 10. Dezember. Tags darauf stand dann auf dem Nachrichtenportal rosenheim24.de zu lesen: „Über 500 Bürger aus Pang, Aising, Happing und den umliegenden Gemeinden versammelten sich am vergangenen Sonntag auf den Panger Feldern, um gegen die Planungen zum Brenner-Nordzulauf zu protestieren.“ Wobei es nicht um konkrete Planungen handelt, sondern um eine von mehreren Optionen, über die noch nicht entschieden ist.

Beide Meldungen sind aus Sicht des LBS – Landesverband Bayerischer Spediteure e.V. symptomatisch für die Akzeptanz des BBT in anderen Alpen- und Alpenanrainerstaaten einerseits und in Deutschland bzw. Bayern andererseits. „Auf der einen Seite erkennen wir Respekt und Zuversicht angesichts der längsten unterirdischen Eisenbahnverbindung der Welt für den Güter- und Personenverkehr, mit der bestehende Verkehrswege in Europa nachhaltig entlastet werden. Und auf der anderen Seite registrieren wir einen breiten Widerstand, der sich den Arbeiten an den Zulaufstrecken zum BBT entgegenstellt“, sagt Sabine Lehmann, Geschäftsführerin des LBS.

Emotionen verdrängen Fakten

Gründe für die Verzögerungen gibt es sicherlich viele. Eine zentrale Ursache ist aber nach Auffassung des LBS die langjährige Unentschlossenheit bei allen Verantwortlichen, diese zentrale Infrastrukturmaßnahme überhaupt und dann auch noch zügig anzugehen. Auch hat es bisher daran gemangelt, ihren Nutzen für die Menschen zu verdeutlichen, die vom innereuropäischen Warenverkehr profitieren – oder von seinen Nebenwirkungen betroffen sind. Folge sei eine sehr emotionale, wenig von Fakten und Gemeinsinn geprägte Diskussion. „Überall steht die Forderung im Raum, aus Umweltgründen sollten mehr Güterverkehre vom Lkw auf die Bahn verlagert werden. Wenn es aber konkret darum geht, die dafür nötigen Kapazitäten zu schaffen, sind diese hehren Motive nirgendwo präsent oder werden gar gegen Widerstände verteidigt“, beobachtet die LBS-Geschäftsführerin.

Im krassen Gegensatz dazu stehen die regelmäßigen Anschuldigungen gegen die Akteure im grenzüberschreitenden Warenverkehr, sie würden die vitalen Interessen von Mensch und Natur hintanstellen. „Jedes Unternehmen in unserer Branche ist an einer sicheren, bedarfsgerecht und leistungsfähig ausgebauten Infrastruktur interessiert“, betont Lehmann. „Da gibt es keinen, der aus Prinzip am Straßentransport festhält, wenn der Transport mit der Bahn die bessere und wirtschaftlichere Lösung ist.“ Nur müsse man sich eben darauf verlassen können, dass Bahnverkehr in ausreichendem Maß verfügbar ist und verlässlich funktioniert. „Der BBT ist genau der richtige Weg dorthin und wird zahlreiche Verkehre auf neue Wege bringen“, resümiert die LBS-Geschäftsführerin auf Basis zahlreicher Gespräche mit Mitgliedsunternehmen.

Rolle Bayerns im europäischen Warenstrom „aktiv annehmen“

Für vorgeschoben hält der LBS derzeit kursierende Einwände, der BBT sei wegen der unsicheren wirtschaftlichen Situation in Italien derzeit wieder in Frage gestellt. „Der Bedarf und der Nutzen des Tunnels geht so weit über das Heute und die Lage in einer einzelnen Volkswirtschaft der EU hinaus, dass die Entwicklung des BBT von einer eigenen Dynamik getragen wird“, sagt Lehmann. Aus genau den gleichen Gründen dürfen sich die Bewertungskriterien nach Auffassung des LBS auch nicht allein am bayerischen Horizont orientieren. „Wir reden hier über europäische Warenströme und Bayern liegt im Herzen Europas“, so Lehmann. „Da müssen wir unseren Stellenwert sehen und unsere Rolle aktiv annehmen. Gleiches gilt im Übrigen für das Land Tirol und den europäischen Transitverkehr.“

Im elften Jahr nach Baubeginn und über den Scheitelpunkt der Arbeiten hinweg gelte es nun, „aktiv auf die Fertigstellung des BBT im Jahr 2028 hinzuarbeiten und auch in Bayern die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Tunnel und sein Zubringersystem von Anfang an in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. Nur so wird eine Verlagerung von Verkehren auf die Schiene in nennenswertem Umfang möglich sein“, fordert der LBS. „Dies ist eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts und seiner Unternehmen – und damit auch eine Frage der Lebensqualität aller Menschen im Freistaat. Darum gilt: Mit dem Ergebnis sollen wir alle leben können.“ Dafür brauche es eine fundierte und glaubwürdige politische Agenda, die Versäumnisse der Vergangenheit ausgleicht „und Bayern beim BBT wieder auf Augenhöhe bringt, damit es beim BBT-Nordzulauf nicht wie beim Gotthard-Zulauf ausgeht“.pdfLBS_BRENNPUNKT_Stillstand_BBT_Januar_2019

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