(09.10.2025)

Der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik warnt vor Wettbewerbsbeschränkungen, wirkungsloser Bürokratie und einer Verengung des Anbietermarkts durch das in dieser Woche vom Deutschen Bundestag behandelte Bundestariftreuegesetz. Hiervon sind Speditions- und Logistikunternehmen betroffen – unmittelbar als direkte Auftragnehmer der öffentlichen Hand und als Dienstleister vom Bund beauftragter Unternehmen.

Im Rahmen der Umsetzung des Gesetzes sollen „repräsentative“ Flächentarifverträge durch die Bundesregierung festgelegt werden, an denen sich Dienstleister und Zulieferer öffentlicher Aufträge orientieren müssten. Mit Betriebsräten einvernehmlich ausgehandelte Haustarifverträge oder selbst mit den Sozialpartnern verhandelte Branchentarifverträge könnten für eine Auftragsvergabe nicht ausreichen – die betreffenden Bewerber um öffentliche Aufträge würden schon bei geringfügigen Abweichungen vom repräsentativen Tarif als nicht tariftreu im Sinne des Gesetzes gelten. Aus Sicht des DSLV ist das ein fehlgeleiteter staatlicher Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit und in die Freiheit des Wettbewerbs.

Das Gesetz ist zudem an zu vielen Stellen rechtlich nicht eindeutig und erschwert mit umfassenden Nachweispflichten die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen – selbst für tarifgebundene Unternehmen, die die Voraussetzungen im Sinne des Gesetzes erfüllen.

„Das Bundestariftreuegesetz verfehlt sein Ziel bereits im Ansatz. Es kegelt auch sozial verantwortlich handelnde Unternehmen aus dem Markt. Wenn der Staat selbst tarifliche Vorgaben macht, schwindet die Basis für Sozialpartnerschaften zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, und der Organisationsgrad sinkt auf beiden Seiten. Dadurch wird die angestrebte Tarifbindung nicht gestärkt, sondern geschwächt“, erklärt DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster.

Der Gesetzentwurf weitet die für die Tariftreue heranzuziehenden Kriterien deutlich aus: Neben den Tariflöhnen sollen auch Arbeitszeiten und Urlaubsregelungen einbezogen werden – damit geht der Entwurf weit über die im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarungen hinaus. Besonders kritisch ist die vorgesehene Nachunternehmerhaftung. Sie macht öffentliche Aufträge zu einem finanziellen und organisatorischen Risiko – besonders für die Logistikbranche, die hochgradig arbeitsteilig organisiert ist und eng mit fachlich und regional spezialisierten Partnerunternehmen und Dienstleistern zusammenarbeitet. Verstärkt werden die Umsetzungsprobleme durch die heterogene Kundenstruktur (nicht-öffentliche und öffentliche Auftraggeber) der Speditionshäuser.  

„Die Logistikbranche unterstützt eine Tarifbindung grundsätzlich, das Bundestariftreuegesetz ist allerdings geprägt von einem pauschalen Misstrauen gegenüber Arbeitgebern“, kritisiert Huster. „Wenn es in dieser Form verabschiedet wird, verengt es den Anbietermarkt erheblich und fördert Konzentrationen – nicht unbedingt zum Vorteil der öffentlichen Hand.“

Aus Sicht des DSLV muss der Bundestag den Gesetzentwurf mindestens fundamental korrigieren:

  • Der Auftragswert muss von 50.000 Euro auf mindestens 100.000 angehoben werden.
  • Die Nachunternehmerhaftung muss gestrichen werden.
  • Nachweis-, Prüf- und Informationspflichten müssen spürbar reduziert werden. Sämtliche Nachweise müssen auch digital erbracht werden können.
  • Um die Kriterien der Tariftreue zu erfüllen, muss die Bindung an einen bestehenden Flächen- oder Haustarifvertrag ausreichen.
  • Die „verbindlichen Arbeitsbedingungen“ müssen sich auf die Entlohnung beschränken.

„Der Gesetzgeber muss jetzt nachbessern, sonst wird die öffentliche Auftragsvergabe eine Plattform zwar gut gemeinter, aber schlecht gemachter Regulierungen“, fordert Huster.

vbw: Versprechen aus Koalitionsvertrag zu weniger Bürokratie gebrochen 

Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. warnt anlässlich der ersten Lesung im Bundestag vor der Verabschiedung des Tariftreuegesetzes. „Der Entwurf bleibt wettbewerbsverzerrend, ist unvereinbar mit der grundgesetzlich geschützten Tarifautonomie und Koalitionsfreiheit und schafft nicht hinnehmbare bürokratische Hürden. Dieses Zwangsgesetz belegt eindrucksvoll, dass der versprochene Bürokratieabbau missachtet wird. Für die öffentliche Hand wirkt es zudem als immenser Kostentreiber, was angesichts der desolaten Haushalts- und der höchst angespannten Wirtschaftslage unverantwortlich ist. Das Gesetz gehört komplett überarbeitet, und zwar sofort“, betont vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

Die vbw fordert zwingende Anpassungen im Gesetzentwurf und zeigt sich von den Empfehlungen im Bundesrat zum Tariftreuegesetz enttäuscht. „Es ist nicht hinnehmbar, dass Unternehmen, die bereits einen Branchen- oder Haustarifvertrag haben, ebenfalls unter das Tariftreuegesetz fallen. Dass der Bundesrat diese Ausnahmereglung abgelehnt hat, ist genauso unverständlich, wie die Ablehnung der empfohlenen Erhöhung des Auftragswerts. Zudem werden deutsche Unternehmen ohne Fertigungsstätten im Ausland diskriminiert“, so Brossardt. Viele dieser Änderungen fordert auch der Normenkontrollrat.

Die vbw verweist auf die Erfahrungen mit Landestariftreuegesetzen. „Es gibt keine nachweisbaren positiven Auswirkungen solcher Regelungen in Form einer Steigerung der Tarifbindung, sei es auf Arbeitgeber- oder auf Arbeitnehmerseite. Vielmehr lassen sich eine Verkleinerung des Bieterkreises und ein immenser Vollzugs- und Verwaltungsaufwand nachweisen. Angesichts klammer kommunaler Kassen ist das ein Grund mehr, das Tariftreuegesetz komplett zu überarbeiten“, findet Brossardt. Die vbw weist zudem Aussagen der Befürworter als nicht haltbar zurück, dass „Lohndumping“ mit Steuergeldern ein Riegel vorgeschoben werden soll. „Wir haben ein umfassendes System von Lohnuntergrenzen und die Arbeitsbedingungen im Wettbewerb um Aufträge basieren auf deutschen Gesetzen. Diese Art der Rechtfertigung ist reine Polemik und verschleiert die Tatsache, dass das Tariftreuegesetz genau die Art von Bürokratiemonster ist, gegen das die amtierende Bundesregierung antreten wollte“, so Brossardt abschließend.

Quelle: DSLV/vbw

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