(14.06.2018)

Blockabfertigung auf der Inntalautobahn führt nach Ansicht des LBS – Landesverband Bayerischer Spediteure und des LBT – Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen e.V. nicht zu einer nachhaltigen und dauerhaften Lösung für den alpenquerenden Güterverkehr.

Mit Unverständnis reagieren die beiden Spitzenverbände der bayerischen Logistik- und Speditionsbranche auf den Ausgang des jüngsten „Brenner-Gipfels“ mit Vertretern aus Bayern, Deutschland, Tirol, Österreich, Südtirol, dem Trentino und Italien. „Dass ein konsensfähiges Memorandum of Understanding für den Transitverkehr über den Brenner vom Tiroler Landeshauptmann kurzfristig wieder in Frage gestellt wurde und er sich aus der Gesprächsrunde zurückgezogen hat, entspricht aus unserer Sicht nicht einer an Problemlösungen orientierten Politik“, so die Geschäftsführer von LBS – Landesverband Bayerischer Spediteure e.V. und LBT – Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen e.V., Sabine Lehmann und Sebastian Lechner.

„Wir dürfen und können uns nicht damit abfinden, dass die sogenannte Blockabfertigung auf der Inntalautobahn zum Dauer- und vermeintlichen Normalzustand wird. Der internationale Warenverkehr lebt davon, dass Hindernisse überwunden werden, nicht dass man neue schafft.“ So kommentiert Lehmann die Tatsache, dass die Tiroler Landesregierung inzwischen regelmäßig die Zahl der Durchfahrten für Lkw auf der Inntalautobahn begrenzt und dies nicht ändern will. Das war schon die Botschaft, die aus einem Gespräch am 30. Mai 2018 herausklang, das auf Einladung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zustande kam. In der Gesprächsrunde mit Vertretern des BMVI, verschiedener Landesministerien, des LBS, des LBT, der vbw, der AMÖ, des BGL und weiterer Verbände, Behörden, betroffener Unternehmern sowie der IHK München machten die Abgesandten Tirols sachlich aber unmissverständlich klar, dass Tirol die „Dosierungen“ weiter fortführen will.

Bei allem Verständnis für Politik, die sich dem Wohl der Menschen widmet, sieht der LBT – Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen e.V. zahlreiche Lücken in der Argumentation. „Eine Politik der gezielten Nadelstiche, die man vornehm als „Dosierkalender“ bezeichnet, trägt weder nachhaltig zu einer Verbesserung der Situation bei, noch kann sie kurz- und mittelfristig die erwünschte Verlagerung von Verkehren beschleunigen“, sagt Sebastian Lechner, LBT-Hauptgeschäftsführer. „Vor allem nicht, wenn man einfach die kilometerlangen Staus zu den Nachbarn verlagert.“

So stehen derzeit im alpenquerenden Güterverkehr bei weitem keine ausreichenden Bahnkapazitäten zur Verfügung, um eine signifikante Entlastung des Straßenverkehrs herbeizuführen. „Die vielfach zitierte Reaktivierung der Rollenden Landstraße über Verladebahnhöfe in Ostbayern ist sowohl von der Verkehrsführung wie auch vom verfügbaren rollen Material der Bahnen gerade einmal ein Tropfen auf den heißen Stein. Eine spürbare Entlastung gibt es dadurch einfach nicht“, sind sich die beiden Verbandsgeschäftsführer einig. In der Branche bestehe die grundsätzliche und bei den Unternehmen hohe Bereitschaft zur Verlagerung von Fracht von der Straße auf die Schiene. „Damit das in die Tat umgesetzt werden kann, brauchen wir aber dringend ein in der Kapazität überzeugendes Angebot sowie praxisnahe Prozesse bei den Dienstleistern.“

Was die Themen „Umweltbelastung“ und „Lebensqualität“ angeht, verweist Lehmann auf eine Studie im Auftrag der Tiroler Landesregierung von 2012*, in der die Gutachter unter anderem feststellten: „Bei der Wahl der streckenkürzesten Route erreicht man ein Maximum von Umwegen, allerdings führt der unter diesem Gesichtspunkt optimale Weg des Lkw häufig über Landes- und Gemeindestraßen sowie durch Ortsdurchfahrten, was unerwünscht und unwahrscheinlich ist. Ähnlich verhält es sich auch bei der kostengünstigsten Alternative.“ Aus Sicht von LBT und LBS führt unter aktuellen Vorzeichen die Entlastung der Inntalbewohner daher lediglich zu einer Mehrbelastung von Menschen an anderen Orten.

Gleichzeitig weist der LBS den Vorwurf zurück, Logistiker würden den Weg über das Inntal ausschließlich deshalb nutzen, weil sie damit die Mautkosten geringhalten wollten. „Nicht nur bayerische Spediteure und Frachtführer können rechnen“, sagt Lehmann. „Ein Faktor wie die Maut ist nur einer unter vielen, der die Wirtschaftlichkeit einer Routenführung bestimmen. In den Unternehmen werden Streckenplanung und Transportkosten stets ganzheitlich betrachtet und nicht wegen eines kleinen vermeintlichen Vorteils gewählt.“ Als Beispiel führt sie den Tiroler Vorschlag an, mit Euro 6-Lkws, die aktuell vom Tiroler Nachtfahrverbot ausgenommen sind, die Nachtstunden für den Transitverkehr zu nutzen: „Das mag auf den ersten Blick einleuchtend erscheinen. Bei genauem Hinsehen erweist sich das Konzept auch wegen der vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten als nicht für alle Unternehmen tragfähig. Die Fahrer müssten z. B. dann Pausen zu Zeiten und an Orten absolvieren, wo keine geeignete Infrastruktur vorhanden ist. Zudem müssten die gesamten Strukturen bei Dienstleistern wie Kunden darauf ausgerichtet werden. Die Möglichkeit des Nachttransits für Euro 6 Lkw ist und bleibt somit unverzichtbar, bietet jedoch keine Gesamtlösung für die von der Blockabfertigung betroffenen Unternehmen.“

Vor diesem Hintergrund fordern der LBS und der LBT alle politisch Beteiligten auf, von kreativen Wortschöpfungen und taktischen Manövern zugunsten praktikabler Lösungen Abstand zu nehmen. „Logistiker und Spediteure sind es seit jeher gewohnt, im Sinne ihrer Kunden und geordneter Arbeitsabläufe einen reibungslosen und hindernisfreien Warenverkehr zu gestalten. Im Interesse unserer Mitglieder sowie der Wirtschaft in Bayern und unseren Nachbarländern regen wir an, dass die Regierungsverantwortlichen ohne weiteren Zeitverlust einen ähnlich sachorientierten Kurs einschlagen, der die Interessen aller sorgfältig abwägt und wieder Planungssicherheit schafft“, so Lechner und Lehmann. Die bloße und einseitige Verlagerung, „sprich: Ausgrenzung“, von Problemen „wird aus Sicht des LBS und des LBT der Lebenswirklichkeit weder heute noch in Zukunft gerecht.“

* Dipl.-Ing. Dr. Helmut Köll und Mag. Michael Bader: Alpenquerender Straßengüterverkehr 2009 Umwegfahrten in Westösterreich und Schweiz. Reith bei Seefeld, Mai 2012

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