(16.07.2019) Ihrem Ruf als „Bayerischer Branchentreff“ gerecht geworden ist einmal mehr die Mitgliederversammlung des LBS – Landesverband Bayerischer Spediteure e.V. Bei der Veranstaltung am 12. Juli in Lindau (Bodensee) befassten sich Unternehmerinnen und Unternehmer aus ganz Bayern mit aktuellen verkehrspolitischen Themen sowie den Zukunftsperspektiven ihres Wirtschaftszweigs – von Brexit und Brenner bis Digitalisierung und Nachwuchsgewinnung.

„Wir haben immer wieder die Grenzen des Machbaren und der Belastbarkeit erlebt“, sagte der bisherige und in Lindau wiedergewählte Präsident des LBS, Heinrich Doll, im Rückblick auf den Zeitraum seit der letzten Versammlung 2017 in München bis heute. „Der Spielraum, um unsere Arbeit zu erledigen, ist im gleichen Maß kleiner geworden, wie die Staus länger geworden sind.“ Die Logistikbranche befinde sich, wirtschaftlich betrachtet, mitten in einem Klimawandel. Die weltweiten Bewegungen zwischen den vernetzten Volkswirtschaften nähmen an Tempo und Kraft zu. Genauso verhalte es sich mit den Veränderungen bei global agierenden Unternehmen – „leider vielfach im negativen Sinn“, wie Doll betonte, der die politischen Hürden als nicht minder bedrohlich bewertet als die unzu-reichende Infrastruktur. „Wo immer wieder neue Strafzölle und Handelsembargos vom Himmel fallen, kommt irgendwann der Handel zum Stillstand. Und damit ruht dann auch der Transport.“

Digitalisierung im Widerstreit mit Bürokratie

An Beispielen macht der LBS-Präsident deutlich, dass die betriebliche Wirklichkeit in der Branche anders aussieht als die Vorurteile, die den Unternehmen regelmäßig entgegengebracht werden. Der angeblich zögerliche Umgang mit der Digitalisierung habe nichts mit einer Verweigerungshaltung der Betriebe zu tun, sondern mit einem Mangel an verfügbarer und leistungsfähiger Technik sowie an regulatorischen Vorgaben: „Weil die Bürokratie es verlangt, fliegen wir Luftfracht mit kiloschweren Begleitpapieren durch die Welt. Nutzlose Last, nur weil Behörden irgendwo in der Welt gerne ein Papier mit Unterschrift und Stempel in ihren Akten abheften wollen. Solange der Amtsschimmel vor der Digitalisierung scheut – wie sollen da Unternehmen ausschließlich digital arbeiten?“

Schienentransporte brauchen Verlässlichkeit

Ähnlich verhalte es sich mit dem vermeintlichen Widerstand von Spediteuren gegen Schienentransporte. „Wir alle wissen, dass das Gegenteil richtig ist: Die Speditions- und Logistikbranche nutzt die Schiene so wie jeden anderen Verkehrsträger“, sagte Doll. „Voraussetzung dafür ist aber, dass wir die Qualität, Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und die Kapazitäten im Schienengüterverkehr bekommen, die wir brauchen. Aber der Schienengüterverkehr in Deutschland hat genau hier ein Problem bei Nutzung und Akzeptanz – dessen Behebung nicht in unserer Hand liegt.“

„Bedeutung der Logistik sichtbar machen“

Doll kündigte an, dass sich der LBS künftig noch intensiver zu Wort melden wird, um die Bedeutung der Logistik sichtbar zu machen und um aktiv gegen jene Hindernisse vorzugehen, die sich einem geregelten Geschäftsbetrieb entgegenstellen. Er verwies auf die Rolle der Branche „in einer Gesellschaft, die sich an eine sichere, reibungslose Versorgung mit Waren und Gütern gewohnt hat. Das ist nur möglich, weil wir Spediteure und Logistiker unsere Arbeit tun. Da ist es ein Widerspruch in sich, wenn die gleichen Menschen, die sich über das Ergebnis unserer Arbeit freuen, sich dagegen wehren, dass unsere Unternehmen Standorte und Flächen brauchen oder dass sie unsere Fahrzeuge als Belästigung auf den Straßen empfinden.“ Die Arbeit des LBS sei ein zentrales Werkzeug, um dies immer wieder mit Nachdruck sichtbar zu machen. Über die Verbandsarbeit genauso wie über das Bildungsprogramm der LBS Akademie sei es möglich, Menschen von der Werthaltigkeit der Dienstleistung „Logistik“ zu überzeugen.

Scheuer sichert Unterstützung und klare Haltung zu

Unterstützung bekam der Branchenverband hier von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer zugesagt, der seine Festrede dazu nutzte, diverse Brennpunkte der Branche anzusprechen. „Logistik lässt Bayern und Deutschland boomen, sie bestimmt unseren Alltag“, sagte er in Lindau. „Zu wenige machen sich das bewusst, man merkt es immer erst dann, wenn es hakt.“ Insbesondere die Problematik beim Alpentransit mit der Blockadehaltung Tirols bereite ihm Sorge. Die laufende Eskalationsspirale führe nicht zu einer Verbesserung der Situation, sondern werde volkswirtschaftlich immer schädlicher. „Die Lage wird sich noch dramatischer gestalten“, warnte der Minister. Er kündigte eine klare Haltung seines Ministeriums an, das eine dauerhafte Lösung in Brüssel und Wien herbeiführen will.

Zugleich drückte er sein Bedauern darüber aus, dass es nicht gelungen sei, bei der Maut einen Paradigmenwechsel herbeizuführen – weg von der Steuer- hin zur Nutzerfinanzierung. Im Sinne umweltfreundlicher Lösungen appellierte er an die Fahrzeughersteller, schneller praktikable Lösungen bereitzustellen, z.B. synthetische Kraftstoffe, die den Unternehmen eine zuverlässige, langfristige Planung erlauben.

Neue Ansätze für neue Mitarbeiter

Ein Thema, das die Branche auch bei der Personalsituation bewegt. Hier lieferte Professor Dr. Jutta Rump, Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Ludwigshafen und Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability IBE, in ihrem lebendigen und anschaulichen Vortrag wichtige Impulse. Sie nahm dabei insbesondere die „Generation Y und Z“ in den Fokus, die einen völlig anderen Ansatz seitens der Führungskräfte und Unternehmer verlangen als frühere Generationen: „Die Babyboomer konnten sie verwalten, die Generation X mussten sie gestalten – Y und Z betrachten sich als Investition“, fasste Rump den Wandel zusammen. Mit Blick auf Arbeitgeberattraktivität und Bin-ungskraft eines Unternehmens sagte sie: „Es kann nur das glaubwürdig nach außen kommuniziert werden, was nach innen gelebt wird.“ So entstehe Identifikation, die heute härteste Währung im Miteinander von Arbeitgeber und Mitarbeitern.

Historischer Brennpunkt für die Logistik

Mit Lindau hatte der LBS für seinen Branchentreff einen Ort gewählt, der in der Logistik-Geschichte eine Schlüsselrolle spielt. Frank Haas, Kommunikationschef bei Gebrüder Weiss, Lauterach, hatte zu Beginn des Treffens einen Ausflug in die Annalen der Region unternommen. Mit dem „Lindauer Boten“ von ca. 1500 bis 1826 als Ursprung darf sich sein Unternehmen als das älteste Transportunternehmen der Welt bezeichnen. Ausschlaggebend war die Rolle der Stadt Lindau als Handelsplatz. Die reichen Kaufleute dort brauchten einen eigenen, unabhängigen Botendienst über die Alpen. Die Route führte ab 1474 über Bregenz, Chur, die Via Mala, am Comer See entlang nach Mailand. Schon damals war „Multimodalität“ der Schlüssel zum Erfolg: Erst ging es mit der Lädine über den See, dann mit Säumerzug über die Berge.

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